Das 1-Mark-Boot: Borkens maritimstes Vereinsheim
Borken. Es ist Borkens außergewöhnlichstes Vereinsheim und die maritimste Party-Location im Binnenland: Das ehemalige Küstenwachboot 18 auf dem Singliser See. Entdeckt, nach Singlis verschifft und ausgebaut wurde es von den 81 Mitgliedern der Marine-Kameradschaft Borken. Und das seit über 20 Jahren.
Nach zehn Jahren übergibt Richard Koch den Vorsitz der Marine-Kameradschaft Borken an Hans-Georg Braun. Fotos: Grau
Singlis Ahoi !
Marine in Borken – wie geht das? „Eigentlich ist die Geschichte dazu relativ einfach“, sagt Richard Koch, ehemaliger Vorsitzender der Marine-Kameradschaft. Alles beginnt 1923: Als die Gewerkschaft Großkraftwerk Main-Weser das Braunkohlekraftwerk in Borken gründet, braucht es Personal. Deshalb verschlägt es viele arbeitslose Marine-Soldaten von der Küste nach Borken. „Und was machen zwei Menschen mit der gleichen Gesinnung, wenn sie sich treffen? Sie gründen einen Verein“, erzählt Koch.
Die Gemeinschaft durchlebt viele Höhen und Tiefen. „Im Dritten Reich waren Vereine nicht gern gesehen, deshalb löste sich die Marinekameradschaft auf“, erklärt Koch. 1972 dann die Neugründung. Im selben Jahr wird der ehemalige Braunkohle-Tagebau in Singlis zum See kultiviert. Er soll später das neue Zuhause des Vereins werden.
Ein Boot für eine Mark
Der Verein trifft sich zunächst in Gaststätten. Mit der steigenden Mitgliederzahl, nimmt auch der Wunsch nach einem eigenen Vereinsheim zu. Schnell ist klar: Eine Marinekameradschaft kann nur ein Schiff als Heim haben. Die Suche beginnt. „1993 wurde unser Küstenwachboot aus dem Dienst der Marine entlassen. Wir kauften es symbolisch für eine D-Mark, denn das Zugriffsrecht blieb beim Deutschen Marinebund“, erinnert sich Koch. „Und dann ging die Organisation los. Das 27 Meter lange Schiff musste schließlich von –Wilhelmshaven nach Borken kommen. Und das am besten kostenlos. Wir mussten klug verhandeln.“
Weil der Schwertransport von Kassel nach Singlis ein großes Defizit für die Vereinskasse bedeutete, bauten die Marinisten das ehemalige U.S. Navy Boot in ehrenamtlicher Arbeit selbst aus. Heute dient das ehemalige Militärboot als angesagte Party-Location.
Der Weg auf den See
Zunächst ließ der Verein das Boot von der Marine auf dem Seeweg nach Bremen bringen. „Die Motoren waren ja noch voll funktionsfähig. Wir brauchten sie jedoch nicht“, erzählt Koch mit einem Zwinkern. Der Verein überließ die Motoren der Marine. Denn der ölige Maschinenraum ist jetzt der Vereins- und Veranstaltungsraum.
Um das Boot von Bremen nach Kassel zu verschiffen. Eine Panzerpionier-Truppe der Fritzlarer Kaserne half mit. Zu Übungszwecken ließ der Kommandant das Boot von seiner Truppe über die Weser und Fulda in den Kassler Hafen verschiffen. Die Bezahlung: Bier. Auf dem Wasser ging es nun nicht mehr weiter. „Erst der Schwertransport von Kassel nach Singlis kostete uns Geld: Insgesamt 58.000 DM“, sagt Koch.
Maritime Partys
In zwei Jahren ehrenamtlicher Arbeit haben die Mitglieder das Boot zum Vereinsheim ausgebaut. „Wir mussten viel lernen, denn professionelle Hilfe konnten wir uns nicht leisten“, erinnert sich Koch. „Den Schuldenberg haben wir dann aber innerhalb von zwei Jahren mit unseren Veranstaltungen wieder abgebaut.“ Der Brandanschlag im Juli 1998 traf die Mitglieder des Vereins deshalb umso schlimmer. „Es gab unter uns dann die Optimisten und die Pessimisten, die aufgeben wollten“, erinnert sich Koch. „Die Optimisten haben sich durchgesetzt. Deshalb sitzen wir hier.“
Weitere Infos unter: www.mkborken.de
Am Sonntag, 14. Juni, gastiert das HR Radio mit der Sendung „Mein Verein in HR 4“ bei den Freunden des maritimen Lebensstils.
+++EXTRA INFO+++
Frischer Wind, neue Generation
Nach zehn Jahren hat Richard Koch seinen Posten als Vorsitzender der Marinekameradschaft Borken geräumt. „Es wurde Zeit für frischen Wind. Meine Kollegen wussten von meiner Entscheidung, abzutreten“, erklärt Koch.
Auf der Jahreshauptversammlung Anfang März wurde Hans-Georg Braun zum neuen Vorsitzenden gewählt. Sowohl Koch als auch Braun wurden bei der deutschen Marine ausgebildet. „Das ist aber kein Kriterium für die Mitgliedschaft in unserem Verein“, betont Koch. „Wir freuen uns über jeden, der sich dem maritimen Lebensgefühl verbunden fühlt.“
Daten und Fakten zum “Küstenwachboot 18′
Das 27 Meter lange und 4,6 Meter breite Küstenwachboot 18 wurde 1952 von der U.S. Navy in der Bremer Werft „Abeking und Rassmussen“ in Auftrag gegeben. Und diente zunächst als Patrouillenboot. 1956 wurde es an die Deutsche Bundesmarine übergeben, wo es gemeinsam mit neun weiteren Booten zum Hafenschutzgeschwader gehörte.
1965 wurde es aus dem Marinedienst genommen und diente von 1967 bis 1993 als Sicherungsboot auf der Ostsee.
(Korrektur R. Koch)
Mit freundlicher Genehmigung
"MB Media/ Grau"